Das Tattoo
Ihr Körper ist perfekt gebaut,
als hätte Gott an seinem Bilde
den goldnen Schnitt sich abgeschaut,
um danach alle irdischen Gefilde
in reinster Schönheit zu gestalten.
Gelüste sind in ihrem Blick enthalten,
womit sie glutentfachend Opfer findet,
und deren Blicke dann hypnotisiert
an ihren Körper bindet,
die fasziniert
der Glieder Grazie beschauen,
sich labend an unendlich langen Beinen,
die in herbeigesehnten Auen
sich erst vereinen,
verführen zum gelobten Land.
Und an dem linken Bein,
da windet als Tattoo
sich eine Kobra immerzu
hinauf bis übers Knie,
von dort zum Schenkel züngelt sie
auf glatter Haut
sich in der Hüfte Tal hinein.
Die Schlange schaut
mich an, mit weit gespreiztem Hals,
mit spitzen Zähnen ebenfalls,
sie blickt, sie blickt mich an,
sie schlägt mich so in Bann,
dass ich den Blick nicht wenden kann.
Verlockendes Tabu,
es lässt mir keine Ruh.
Drum singe ich der schönsten Schönen
die ganze Nacht
in allerhöchsten Tönen,
weil ein Tattoo
mich zum Eunuchen macht.
© Ralf Schauerhammer