Der Dirigent
Der Dirigent Sebaldus Bock
blickt rechts, mit dem erhobnen Stock,
der Harfinistin untern Rock
und prüft dann links mit Kennermiene
das Dekolletee der Violine,
sodann, wie Flöte Karoline
sich sinnlich ihre Lippen netzt,
worauf zufrieden er zuletzt
das Klangwerk in Bewegung setzt,
wozu nun Stock und Fingerspitzen
ekstatisch auf- und abwärtsflitzen
um unter Bocks enormem Schwitzen,
Figuren in die Luft zu ritzen.
Zwei Damen aus dem ersten Rang
sind fasziniert vom Bockschen Klang
und schauen eine Stunde lang
entzückt, gebannt und sinnenfroh
auf Bocks musikbewegten Po.
„Ach, dieses herrliche Vibrato!“
so spricht die eine. „Bis! Dakapo!“
erschallt der anderen Entzücken
in des Musikstücks kurze Lücken.
Dann schwelgen beide stundenlang,
nachdem der letzte Ton verklungen,
in seligen Erinnerungen:
„Oh, edle Klassik! Welche ein Klang!“
© Ralf Schauerhammer