Maiers Goldfisch

Herrn Maiers Goldfisch schwimmt nur stumm
wie dumm in einem Kreis herum.
Was auch geschieht, ganz ohne Regung
vollführt er diese Kreisbewegung
und dreht genau elfmal pro Stunde
in dem Aquarium die Runde.

Er fragt sich auf der ersten Runde:
Was liegt dem Fischdasein zu Grunde?

In Runde zwei sucht er den Grund
des Wasserbeckenbodens und

ergründet dann in Runde drei,
was unterhalb des Wassers sei.

Wenn er die vierte Runde dreht,
studiert er Thales von Milet.

Die nächste Runde kreist sein Sinnen
ganz um des Weltenalls Beginnen.

In Runde sechs erforscht er drauf:
Wann hört das alles wieder auf?

Er untersucht in Runde sieben,
warum sich Wasserflöhe lieben.

Sein Denken in den nächsten Runden
ward bisher nicht herausgefunden.

In Runde zehn, da denkt er gern
an Abend- und an Morgenstern

und spricht dann eine Runde lang
nur Christians "Fisches Nachtgesang".

So schwimmt er stundenlang im Kreis
und denkt und weiß, dass er nichts weiß,
und dreht genau elfmal pro Stunde
in dem Aquarium die Runde.
Herrn Maiers Goldfisch gilt als doof,
dabei ist er ein Philosoph!

© Ralf Schauerhammer