Maria mit dem Kinde
Maria sitzt und lächelt mild,
Maria mit dem Kinde.
Es ist ein allerliebstes Bild -
Maria mit dem Kinde.
Die Könige aus weiter Fern,
Sie huldigen dem Kleinen,
Und auch das Himmelszelt lässt gern
Ein neues Sternlein scheinen.
Und Ochs und Esel im Verein,
Die freu'n sich über's Kindlein.
Der Wind bläst frisch zur Tür herein,
Auch's Kind bläst in die Windlein.
So hold ist alles und so froh.
Es singt der Englein Chor.
Allein, ein klitzekleiner Floh,
Der springt dem Kind ins Ohr.
Es regt der klitzekleine Floh
Die kitzlig-dünnen Beine.
Maria blickt und denkt sich froh:
"Wie lächelt süß der Kleine!"
Und immer singt der Englein Chor,
Die Könige, sie beten;
Jedoch voll Hinterlist im Ohr
Beginnt der Floh zu reden:
"Der Esel ist ein dummes Tier
Und nicht einmal ein Pferd,
Auch dieser Ochse ist kein Stier
Und nichts Besondres wert.
Die Könige sind auch nur drei
Und nicht besonders mächtig.
Der Zufall führte sie vorbei.
Der Mohr ist ziemlich schmächtig.
Der Stall ist voller Stroh und Mist,
Das Dach nicht repariert.
Dafür, dass du Erlöser bist,
Ist wenig arrangiert.
Ich sage dir ganz ungeniert,
Auch wenn die Engel singen,
Dein Heiland-Job wird garantiert
Am Ende wenig bringen.
Nicht jeder hat wie du das Glück,
Dass ihn ein Floh berät.
Tritt schleunigst von dem Job zurück,
Es ist noch nicht zu spät!
Mach' es wie ich und sei gescheit,
Lern Dinge, die dir taugen,
Vor allem lerne jederzeit,
Die andern auszusaugen!"
Das Kindlein liegt und ihm im Ohr
Da sticht und spricht der Floh.
Maria lauscht der Englein Chor:
In dulci jubilo!
Ach, wie sie lächelt hold und mild,
Maria mit dem Kinde.
Es ist ein allerliebstes Bild -
Maria mit dem Kinde.
© Ralf Schauerhammer