Mein Engel

Mein Körper war von der Seele geschieden,
ich sah ihn am Boden liegen,
den Zebrastreifen, das Auto daneben,
und spürte mich aufwärts fliegen.

Ich wunderte mich, wie ruhig ich war.
Den Kopf aufs Pflaster geschlagen.
Der Fahrer saß starrt und leichenblass
noch immer in seinem Wagen.

Es standen Menschen im Kreis herum,
begafften mich interessiert.
Ein Mädchen trat aus der Gruppe hervor
und hat meinen Körper berührt.

Sie legte die Finger auf Hals und Brust
und kniete sich zu mir nieder,
erlauschte, ob Atmung vorhanden war
und öffnete meine Lider.

Da kam ein Licht, so warm und hell,
aus einem fernen Tor.
Es trat, überstrahlend das warme Hell,
ein lichtvolles Wesen hervor.

Das Strahlenwesen blickte mich an,
da stand mein ganzes Leben
als Bilderbuch auf einmal vor mir.
Ich schaute und stand daneben.

Das Wesen sprach mich freundlich an:
"Es ist noch nicht an der Zeit.
Geh wieder zurück." Doch es war mir so wohl
in dieser Helligkeit.

Mein Körper war plötzlich wieder mir,
die Augen wieder mein.
Durch sie hindurch, da blickte ich nun
in zwei grüne Augen hinein.

Ich sah ihr Gesicht, es war durch ihr Haar
von rötlichen Strahlen umgeben.
Ein Lächeln, mit Sommersprossen geschmückt.
"Willkommen zurück im Leben."

Die Füße der Gaffer standen herum.
Es kam der Krankenwagen.
Es kamen die Schmerzen. Es war sehr laut.
Ich wurde weggetragen.

Sie sprach mit dem Notarzt und, ach, sie war
von mir auf einmal so fern.
Wie sehnte ich mich nach ihrer Hand,
wie reichte ich meine ihr gern!

Ich träume seit Tagen im Krankenhaus
von diesem schönen Gesicht,
vom Engel, der mir das Leben gab,
von grünen Augen und Licht.


© Ralf Schauerhammer