Lesung, Tanz, Performance

Details

Sonntag, 22.01.23 18:00 Uhr

Boulevard am Ludwigsplatz / Stadtkantine

Schuchardstr.8 / Ludwigsplatz

64283 Darmstadt

Ein Projekt von Niloofar Bijanzadeh

In deutscher und persischer Sprache



Der Eintritt ist frei.


Lesung, Tanz, Performance

von Künstler*innen in Solidarität mit der Protestbewegung im Iran

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Ein Projekt von Niloofar Bijanzadeh
In deutscher und persischer Sprache

Alle Künstler*innen bekunden in diesem Projekt ihre Solidarität mit der Protestbewegung für die Freiheit, Würde, Gerechtigkeit und eine künftige Grundordnung im Iran.

Mitwirkende:

Armita Theater Ensemble mit Giulia Romano

Gabriele Liebig

Niloofar Bijanzadeh

Elaheh

Bersabeh Hosseinabadi

Saber Niazi

Sheyda

Reza Solhi

Soundkitchen:
Zeynep Basaran, Shahryar Dashtoomi, Hüseyn Köroglu

Fereshteh Vaziri

Skript Iran-Darmstadt 22.01.23


Moderator/Gabriele: Ich vertrete den Wiesbadener Poesiekreis der „Dichterpflänzchen“. Bei unseren Lesungen tragen wir Gedichte aus Deutschland und vielen anderen Kulturen der Welt vor – Weltpoesie.

Wir unterstützen den Kampf für Freiheit und Menschenrechte im Iran, für die Rechte der Mädchen und Frauen auf Bildung, Schule, Lernen, Musik und Kunst überall auf der Welt, besonders in Afghanistan!

Wir lieben den Dialog der Kulturen, die persische Poesie und vor allen Mohammed Schemseddin Hafis. Schon der alte Goethe verehrte Hafis und wollte in seinem West-Östlichen Divan so dichten wie er.

Der Beiname Hafis heißt ja, „der den Koran auswendig kennt“. Trotzdem hatte Hafis ständig Ärger mit den Mullahs. Davon handelt das erste Gedicht. Hafis hat es geschrieben, Fereshteh Vaziri Nasab hat es ins Deutsche übertragen.

Niloofar: Hafis 1. Auszug persisch

Gabriele: Weißt du, was die Harfe und Oud erzählen?
Trinkt heimlich Wein, denn sie jagen die Ungläubigen.
Sie beschmutzen die Ehre der Liebe und die Anmut der Liebenden,
Sie verurteilen die Jugend und verachten die Alten.

Niloofar: 2. Auszug persisch

Gabriele: Sie ermahnen uns, über die Liebesgeheimnisse nicht zu reden,
Es ist eine harte Lehre, die sie uns erteilen wollen.
Von außen sind wir getäuscht von hundert Täuschungen,
Hinter verschlossenen Türen ersinnen sie weitere Täuschungen.

Niloofar: 3. Auszug persisch

Gabriele: Einige streben mit aller Kraft nach Vereinigung mit ihren Geliebten
Die anderen warten, ohne sich zu bemühen, auf das Schicksal.
Kurz gesagt, verlass dich nicht auf die Beständigkeit der Zeit:
Denn sie ist eine Werkstatt, in der sich die Dinge ändern.
Trink ruhig Wein, denn wenn du genau hinsiehst:
Die Scheichs, die Mullahs und selbst Hafiz - alle täuschen. 



Gabriele: Das folgende Gedicht stammt von Ahmad Schamlu, die Übersetzung ins Deutsche – wie alle Gedichtübersetzungen heute abend – von Fereshteh Vaziri Nasab.

Fereshteh: Faroughs Gedicht persisch

Niloofar: Farough Farokhsad
Mein Herz ist betrübt
Mein Herz ist betrübt,
Ich gehe auf die Veranda
Und streiche über die gespannte Haut der Nacht.
Die Lichter der Verbundenheit sind erloschen,
Die Lichter der Verbundenheit sind erloschen,
Niemand wird mich der Sonne vorstellen,
Niemand wird mich
Zum Fest der Spatzen mitnehmen.
Behalte das Fliegen in Erinnerung,
Der Vogel ist sterblich.

Gabriele: Das nächste Gedicht von Fereshteh Vaziri hat mich sehr erschüttert. Es verarbeitet eine reale, grausame Begebenheit. Ein schönes Mädchen verlor bei einer Demonstration im Iran sein Augenlicht, weil es aus nächster Nähe gezielt mit Paintball-Munition ins Gesicht geschossen wurde.

Fereshteh: persisch (in 2 Strophen unterteilen????)

Gabriele:
Fereshteh Vaziri Nasab

Die Augenhöhlen

Die Augen tanzten
In den Augenhöhlen
Sie sahen meine Arme
Ausgestreckt zur Unendlichkeit des Himmels
Meine Augen waren sonnig
Deine Hände voller Schatten
Von der Schattenseite her
Zielten tausend Granatapfelkerne immerfort
Auf meine Augen
Auf meinen Mund
Gleichzeitig grinste dein Mund mich an
Voll gelber Perlen

(hier unterteilen????)

Die Augäpfel bewegen sich nicht mehr
In meinen Augenhöhlen
Meine Augen sind jetzt wandernde Geister
Am Horizont,
Wo der Mond zur Dunkelheit wechselt
Deine Hände bewegen sich, rot in der Luft
Deine kurdisch tanzenden Füße treten rot auf Kurdistan
Meine Augen
Deine Hände
Mein Herz
Dein Grinsen
Die Füße, die stehen
Die Füße, die gehen
Zu einem Horizont voller Olivenzweige
Mit oder ohne Augen
Fereshteh: Dein Gott ist wohlwohlwollend persisch
Niloofar: deutsch



Ende Lesung 

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Reservegedicht, Zugabe?

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Gabriele: Noch ein Gedicht hat Fereshteh Vaziri für diese Veranstaltung geschrieben. Es handelt von einer jungen Frau, die nichts verbrochen hat, außer schön zu sein, und die sich trotz aller äußeren Misshandlungen ihre innere Kraft bewahrt.

Fereshteh: persisch

Gabriele:

Man zwang mich zu beichten, dass ich
Weder in heißen Momenten der Nacht
Eine Trichterwinde bekommen
Noch virtuellen Sex begangen habe;
Man zwang mich zu schwören, dass ich noch nie mit einem Mann
Fereshteh Vaziri Nasab
Mit zerbrochenem Gesicht
Ich füge die zerbrochenen Hälften meines Gesichts zusammen
Und webe meine Venen
Zu einem langen Schal,
Der zweifellos von meinen Haaren rutscht,
Meine Haare fliegen wie ein Vogel im Wind.
Mein Gesicht hat neue Konturen,
Der Spiegel erkennt mich nicht mehr,
Er riecht nur ratlos
Den Duft der Freiheit an meinen Fingern,
Die sich zum Hals hinbewegen,
Um die Spuren des Aufhängens zu berühren.
Das Spiegelbild zweifelt auch an der Wahrheit meiner Lippen,
Die offen oder geschlossen,
Rot oder schwarz,
Den Blick der schäbigen alten Männer verletzen.

(evtl. hier unterteilen)


Auf der Kälte eines Grabes geschlafen habe;
Weder ist mein Name „Maria aus dem unfruchtbaren Stall“
Noch findet sich ein scharlachrotes Zeichen an mir.
Ich bin nur der zerbrechliche Körper einer Frau,
Der sogar unter Peitschenhieben an Gestalt gewinnt.
Ich schwöre, ich schwöre,
Ich gebe zu, ich gebe zu,
Und der Vogel fliegt weiter im Wind.