Eröffnung der Kulturtage
Rheingauviertel-Hollerborn 2013

Erstmalig war auch der Poesieverein Dichterpflänzchen e.V. bei den Kulturtagen dabei. Martha und Lutz Schauerhammer nahmen die Gelegenheit wahr bei der Eröffnung mit Gedichten den Verein vorzustellen.

Es war ein abwechslungsreiches Programm, das zur Eröffnung am Vormittag des 16. Juni 2013 im Hof der „Vielfalterei“ in der Kiedricher Straße angeboten wurde. So präsentierte Katja Aujesky begleitet von ihrer Band "Katjas Basar" ihrer Lieder, eine umfangreiche Kuchentheke war angerichtet, es gab die Möglichkeit der Atelierbesuche, eine Sitzkissenlesung für Kinder, Gedichtsvorträge für Erwachsene und Kinder und Gesprächsraum für Besucher, Mitmacher und Interessierte.

Mit wenigen Worten umschrieben die Dichterpflänzchen die Ziele ihres Poesievereins.
„Wir wollen Poesie im Alltag bewahren, sie soll als Brücke zu anderen Kulturen dienen und vor allem soll Poesie Freude machen.“

Inhaltlich diente der Name Rheingauviertel als Bezug zum Rheingau, in dem sich ja einige Dichter tummelten. Zu Hollerborn gab es allerdings nur wenig. Holler ist Holunder und Born ist die poetische Bezeichnung für einen Brunnen; - dass ist doch schon etwas.

KRH

(Dichterpflänzchen Martha und Lutz Schauerhammer)

Die Dichterpflänzchen präsentierten ein Potpourie – oder anders ausgedrückt, einen poetischer Blumenstrauß bekannter und unterhaltender Gedichte. Es begann mit einer Ballade, denn in Balladen passiert immer recht viel. Goethe schrieb eine der bekanntesten, die sogar von Walt Disney als Zeichentrickfilm mit Micky Maus produziert wurde: Der Zauberlehrling; und beim

Walle! walle
Manche Strecke,
Daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
Und mit reichem, vollem Schwalle
Zu dem Bade sich ergieße.

sprach schon der eine oder andere Zuhörer mit.

Es folgte ein Dialog-Gedicht zwischen dem Schenken und dem Dichter über den Genuss des Weines aus dem Schenkenbuch des West-östlichen Diwans, den Johann Wolfgang Goethe während seiner Aufenthalte in Wiesbaden und im Rheingau schrieb.
Das war dann erstmal genug Goethe. Das nächste Gedicht stammte von einem Dichter, der in den 60ger Jahren als Unterhaltungskünstler bekannt wurde. Er nahm sich gern klassische Gedichte als Vorlage, um sie humoristisch zu verbessern.

Heinz Erhardt
Goethes Fischer
Das Meer ist angefüllt mit Wasser
und unten ist's besonders tief.
Am Strande dieses Meeres saß er,
das heißt, er lag, weil er ja schlief.

Drum noch einmal: Am Meere saß er,
das heißt, er lag, weil er ja schlief,
und dieses Meer war voll von Wasser,
und unten war's besonders tief.

Da plötzlich teilten sich die Fluten,
und eine Jungfrau trat herfür ….

Nochn Gedicht – von Heinz Erhardt folgte, das wieder zum Mitsprechen anregte.

Die Made
Hinter eines Baumes Rinde
wohnt die Made mit dem Kinde. …

Es ist bekannt, was dem Gatten und dem Kind der Made widerfährt. – Schade.
Weiter ging es mit Redewendungen, denn oft ertappt man sich dabei, dass man ein Sprichwort benutzt und sich eben nicht mehr daran erinnert, wo es herkommt. Viele Dichter haben in der Umgangssprache ihre Spuren hinterlassen, auch Wilhelm Busch.

Vater werden ist nicht schwer,
Vater sein dagegen sehr.
aus: Julchen (1877) - Vorbemerk

Rotwein ist für alte Knaben
Eine von den besten Gaben.
aus: Abenteuer eines Junggesellen (1875) - Rektor Debisch

Das Schönste aber hier auf Erden
Ist lieben und geliebt zu werden,
aus: Schein und Sein (1909) - Frühlingslied

Einszweidrei, im Sauseschritt
Läuft die Zeit; wir laufen mit. -
aus: Julchen (1877) - an mehreren Stellen


Da gerade Wilhelm Busch erwähnt wurde, stellten die Dichterpflänzchen auch gleich noch einige seiner Gedichte vo

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er flattert sehr und kann nicht heim. …

Wir alle wissen, was passiert; der Kater mit scharfen Krallen und glühenden Augen kommt näher und immer näher.

Der Vogel denkt: weil das so ist
Und weil mich doch der Kater frißt,
So will ich keine Zeit verlieren,
Will noch ein wenig quinquilieren
Und lustig pfeifen als zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.


Es folgte das Gedicht von der Selbstüberschätzung „Fink und Frosch“, welches so tragisch und mit der Moral endet

Wenn einer, der mit Mühe kaum
Geklettert ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.

Und mit einigen mehr oder weniger philosophischen Gedanken zum Wein näherte sich das kurze Programm seinem Ende – fast.

William Shakespeare
Wer Wein trinkt, schläft gut,
Wer gut schläft, sündigt nicht,
Wer nicht sündigt, wird selig.
Wer also Wein trinkt, wird selig.

Johann Wolfgang Goethe
Ohne Wein und ohne Weiber
Hol’ der Teufel uns’re Leiber!

Wilhelm Busch
Wer als Wein- und Weiberhasser
jedermann im Wege steht,
der esse Brot und trinke Wasser
bis er daran zugrunde geht.

Eugen Roth

Dem Kinde, wie´s auch schreit und stöhnt
Wird die Flasche abgewöhnt.
Jedoch das ew´ge Kind im Mann
Gewöhnt sie sich dann wieder an.

Fast, denn auch für die jüngeren Gäste hatten die Dichterpflänzchen etwas dabei.
Nämlich von Hans Adolf Halbey „Der Pampelmusensalat“. Da purzelt der Paul von der Pappel in die Picknickplatte.

Das war vielleicht ein Hallo.
Die Pappeln der Papa der Paul und sein Po,
die Picknickplatte um die war es schad,
das war vielleicht ein Pampelmusensalat.

Und weil gerade vom Essen die Rede war, verrieten die Dichterpflänzchen auch noch, das Friedrich der Große, dessen 300. Geburtstag im letzten Jahr gefeiert wurde, eine unglaubliche Entdeckung gemacht hat. - Hierzu erneut Heinz Erhardt:

Vom alten Fritz, dem Preußenkönig,
weiß man zwar viel, doch viel zu wenig.
So ist es zum Beispiel nicht bekannt,
dass er die Bratkartoffeln erfand!
Drum heißen sie auch – das ist kein Witz –
Pommes Fritz!

Mit diesem Gedicht schloss die Präsentation der Dichterpflänzchen bei der Eröffnung der Kulturtage Rheingauviertel-Hollerborn 2013. Wer wissen will, wie vielfältig das Programmangebot der Kulturtage war, der kann das unter dem folgenden Link ausführlich nachlesen:
http://rheingau4tel-hollerborn.npage.de/kulturtage-2013-galerieberichte.html